Pragmatische Texte analysieren
Den Gedankengang beschreiben
Soll man den Gedankengang eines Textes beschreiben, geht es darum zu zeigen, wie der*die Autor*in vorgeht in seiner*ihrer Argumentation. Die Darstellung dessen hängt natürlich auch mit inhaltlichen Aussagen zusammen. Schauen wir uns mal ein völlig fiktives und konstruiertes Beispiel an:
Gedankengang (= Wie geht der*die Autor*in vor?) | Inhalt (= Was steht im Text?) |
---|---|
Hans Müller behauptet, | dass Gendern nicht notwendig sei. |
Er beschreibt zunächst, | wie aktuell gegendert werden kann. |
Anschließend begründet er seine Behauptung mit mehreren Argumenten: (Die Argumente sind überwiegend normativer Natur) | Sprache habe nur begrenzten Einfluss auf reale Verhältnisse.Spracheingriffe seien unnatürlich.… |
Das erste Argument erklärt er an einem Beispiel. | Gendern führe bspw. nicht zu einer besseren Bezahlung von Frauen und löse damit nicht tatsächlich vorherrschende Ungerechtigkeiten … etc. |
… | … |
Häufig fällt es schwer, zu beschreiben, was ein*e Autor*in da im Text nun genau tut. Hier sind einige Beispiele dafür.
► Der*die Autor*in … (klick mich an!)
- Appelliert/fordert auf
Fordert direkt oder indirekt zu einer Handlung oder Haltung auf. - Argumentiert
Entwickelt Standpunkte, unterstützt durch Belege oder Beispiele. - Beklagt
Äußert Unzufriedenheit oder weist auf Missstände hin. - Betrachtet
Setzt sich analytisch mit einem Thema auseinander. - Beurteilt
Bewertet eine Situation oder ein Ereignis nach Kriterien. - Beschreibt
Detaillierte Darstellung von Merkmalen, Zuständen oder Prozessen. - Berichtet
Gibt Informationen oder Ereignisse sachlich wieder. - Berücksichtigt
Bezieht unterschiedliche Perspektiven oder Aspekte ein. - Bewertet
Gibt eine subjektive Einschätzung ab. - Bezweifelt
Hinterfragt Aussagen oder Thesen kritisch. - Definiert
Klärt die Bedeutung eines Begriffs oder Konzepts. - Entschuldigt sich
Drückt Bedauern über einen Fehler oder ein Missverständnis aus.
- Erläutert
Erklärt Zusammenhänge oder Hintergründe an Beispielen. - Erklärt
Macht einen Sachverhalt verständlich. - Erzählt
Gibt Ereignisse in einer narrativen Form wieder. - Fasst … zusammen
Gibt die wichtigsten Inhalte komprimiert wieder. - Folgert
Leitet eine Schlussfolgerung aus vorherigen Aussagen ab. - Fordert
Bringt Erwartungen oder Wünsche deutlich zum Ausdruck. - Führt aus, dass …
Erklärt oder erläutert ausführlich. - Gibt wieder/zitiert
Gibt Informationen oder Aussagen von anderen weiter. - Gratuliert
Drückt Glückwünsche aus. - Informiert
Vermittelt Fakten oder Daten sachlich. - Klärt
Behebt Unklarheiten oder Missverständnisse. - Kommt zu dem Ergebnis, dass …
Präsentiert die abschließende Erkenntnis.
- Kritisiert
Weist auf Fehler oder Schwächen hin. - Legt dar, dass …
Führt ein Thema oder Argument ausführlich aus. - Nennt
Zählt Informationen oder Beispiele auf. - Prognostiziert
Gibt mögliche Entwicklungen oder Szenarien wieder. - Schildert
Beschreibt Ereignisse oder Situationen detailliert. - Stellt dar
Siehe „Beschreibt … / stellt … fest / stellt (wie folgt) dar …“. - Stellt … fest / stellt (wie folgt) dar …
Führt Fakten oder Beobachtungen klar und präzise aus. - Unterscheidet
Trifft eine klare Abgrenzung zwischen verschiedenen Aspekten. - Verallgemeinert
Leitet allgemeine Aussagen aus Einzelbeispielen ab. - Vergleicht
Stellt Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen Aspekten heraus. - Verweist auf
Gibt Hinweise auf andere Quellen, Zusammenhänge oder Aspekte. - Verspricht
Gibt eine Zusicherung ab.
Argumentation analysieren
Fragen, mit denen man die Argumentation in einem Text untersuchen und herausarbeiten kann, sind z. B.:
- Welche Behauptungen / Thesen werden aufgestellt?
- Werden die Behauptungen im Text begründet? Wenn ja, wo und wie?
- Welche Behauptungen werden nur aufgestellt, aber nicht begründet?
- Welche Argumente werden zu welcher These vorgebracht?
- Zu welchem Argumenttyp gehören sie? Handelt es sich um stichhaltige Argumenttypen?
- Stehen die Argumente unmittelbar im Umfeld der formulierten These oder sind sie irgendwie über den Text verteilt?
- Welche Argumente werden durch Stützungen (Ausführungen, die das Argument beweisen oder Beispiele) untermauert?
- Welche Beispiele sollen die Argumentation belegen?
- Welche Schlussfolgerungen werden aus der / den Argumentationen gezogen?
Bei der Analyse geht es aber nicht darum, jedes Argument und seinen Typ einzeln aufzulisten, sondern beispielhaft zusammenzufassen: Der*Die Autor*in nutzt bspw. überwiegend Faktenargumente? Dann können wir später schlussfolgern, dass die Arguemntation sehr sachlich ist.
► Folgende Argumenttypen gibt es: (Klick mich an!)
Typen | Erklärung | Stichhaltigkeit | Beispiel |
---|---|---|---|
Faktenargument | beruft sich auf eine Tatsachenaussage: Etwas ist so oder so; der Beweis kann zum Beispiel eine wissenschaftliche Studie oder ein physikalisches Gesetz sein | Stichhaltig und wissenschaftlich, da nachprüfbar | „Diverse Studien weisen darauf hin, dass die männliche Sprachform psycholinguistisch mit Männern verbunden wird, also keineswegs geschlechtsneutral wirkt (z.B. Stahlberg/Sczesny, 2006 und 2001).“ |
Autoritäts-argument | beruft sich auf eine Autorität in einem Bereich, z.B. eine*n Gelehrte*n, den*die Herausgeber*in eines wichtigen Buches, Expert*innen oder Politiker*innen, bekannte Stiftungen | Stichhaltig und wissenschaftlich, da nachprüfbar/ Bezug auf Expert*in | „Institutionen sollen sich klare Regeln geben, dass und wie gegendert werde. Die Sprachwissenschaftlerin Seyda Kurt betont, dass Sprache schließlich in allen Bereichen normiert werde und nicht nur innerhalb des Genderns.“ |
Normatives Argument | beruft sich auf Normen, moralische Werte und Maßstäbe, die gesellschaftlich akzeptiert sind | Weitestgehend stichhaltig, aber nicht wissenschaftlich | „In der Regel wollen wir niemanden verletzen oder diskriminieren. Daher sollten wir auch in der Wahl unserer Sprache darauf achten, niemanden zu verletzen oder zu diskriminieren“ |
Analogisierendes Argument | zieht einen Vergleich zu einem anderen Bereich des Lebens/ Thema wird mit einem anderen Themenfeld verbunden und verglichen | Kann stichhaltig sein, wenn Analogie passend ist, nicht wissenschaftlich | „Für uns ist es mittlerweile normal geworden, dass Frauen Hosen tragen, während es vor einigen Generationen noch völlig unvorstellbar war. Und so wird es auch mit dem Gendern sein.“ |
Erfahrungs-argument | es wird sich auf persönliche Erfahrungen berufen | Wenig stichhaltig und nicht wissenschaftlich, da nicht verallgemeinerbar | „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Gendern meine Freundinnen und Freundin nicht stört“ |
Argumentum ad populum | etwas wird als wahr behauptet, weil es der Meinung der Mehrheit der relevanten Personen (öffentliche Meinung) entspricht | Scheinargument | „Alle Deutschen finden Gendern total hässlich, deshalb ist es auch unnötig“ |
Argumentum ad hominem | es wird keine inhaltliche Position vertreten, sondern das Gegenüber persönlich angegriffen oder einzelne Verhaltensweisen kritisiert | Scheinargument | Person A möchte vom Gendern überzeugen. Person B: „Du bist ja nicht mal in der Lage, dich ohne Grammatik- oder Rechtschreibfehler auszudrücken und willst mir jetzt sagen, wie ich sprechen soll?“ |
Strohmann-argument | dem Gegenüber wird eine Aussage unterstellt, die es so nie getroffen hat oder die Aussage des Gegenübers wird verzerrt oder lächerlich gemacht | Scheinargument | Person A möchte vom Gendern überzeugen. Person B: “So, du denkst also, dass wir unterschiedliche Löhne nicht angleichen brauchen, um Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen zu schaffen …” |
Textintention erfassen
Mögliche Fragen, um die Intention eines Textes zu ermitteln:
Will der*die Autor*in (hauptsächlich)
- über ein Problem / einen Sachverhalt / eine Entwicklung u. ä. informieren?
- bestimmte Probleme /Sachverhalte / Entwicklungen erklären?
- zu einem Problem / einem Sachverhalt / einer Entwicklung u. ä. Stellung beziehen?
- eine bestimmtes Verhalten / Tun / Denken u. ä. empfehlen?
Anschließend stellen wir uns die Frage, ob die Intention erreicht wurde.