Mit pragmatischen Texten arbeiten
Den Gedankengang beschreiben
Soll man den Gedankengang eines Textes beschreiben, geht es darum zu zeigen, wie der*die Autor*in vorgeht in seiner*ihrer Argumentation. Die Darstellung dessen hängt natürlich auch mit inhaltlichen Aussagen zusammen. Schauen wir uns mal ein völlig fiktives und konstruiertes Beispiel an:
Gedankengang (= Wie geht der*die Autor*in vor?) | Inhalt (= Was steht im Text?) |
---|---|
Hans Müller behauptet, | dass Gendern nicht notwendig sei. |
Er beschreibt zunächst, | wie aktuell gegendert werden kann. |
Anschließend begründet er seine Behauptung mit mehreren Argumenten: (Die Argumente sind überwiegend normativer Natur) | Sprache habe nur begrenzten Einfluss auf reale Verhältnisse.Spracheingriffe seien unnatürlich.… |
Das erste Argument erklärt er an einem Beispiel. | Gendern führe bspw. nicht zu einer besseren Bezahlung von Frauen und löse damit nicht tatsächlich vorherrschende Ungerechtigkeiten … etc. |
… | … |
Argumentation analysieren
Fragen, mit denen man die Argumentation in einem Text untersuchen und herausarbeiten kann, sind z. B.:
- Welche Behauptungen / Thesen werden aufgestellt?
- Werden die Behauptungen im Text begründet? Wenn ja, wo und wie?
- Welche Behauptungen werden nur aufgestellt, aber nicht begründet?
- Welche Argumente werden zu welcher These vorgebracht?
- Zu welchem Argumenttyp gehören sie? Handelt es sich um stichhaltige Argumenttypen?
- Stehen die Argumente unmittelbar im Umfeld der formulierten These oder sind sie irgendwie über den Text verteilt?
- Welche Argumente werden durch Stützungen (Ausführungen, die das Argument beweisen oder Beispiele) untermauert?
- Welche Beispiele sollen die Argumentation belegen?
- Welche Schlussfolgerungen werden aus der / den Argumentationen gezogen?
Bei der Analyse geht es aber nicht darum, jedes Argument und seinen typ einzeln aufzulisten, sondern beispielhaft zusammenzufassen: Der*Die Autor*in nutzt bspw. überwiegend Faktenargumente? Dann können wir später schlussfolgern, dass die Arguemntation sehr sachlich ist.
► Folgende Argumenttypen gibt es: (Klick mich an!)
Typen | Erklärung | Stichhaltigkeit | Beispiel |
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Faktenargument | beruft sich auf eine Tatsachenaussage: Etwas ist so oder so; der Beweis kann zum Beispiel eine wissenschaftliche Studie oder ein physikalisches Gesetz sein | Stichhaltig und wissenschaftlich, da nachprüfbar | „Diverse Studien weisen darauf hin, dass die männliche Sprachform psycholinguistisch mit Männern verbunden wird, also keineswegs geschlechtsneutral wirkt (z.B. Stahlberg/Sczesny, 2006 und 2001).“ |
Autoritäts-argument | beruft sich auf eine Autorität in einem Bereich, z.B. eine*n Gelehrte*n, den*die Herausgeber*in eines wichtigen Buches, Expert*innen oder Politiker*innen, bekannte Stiftungen | Stichhaltig und wissenschaftlich, da nachprüfbar/ Bezug auf Expert*in | „Institutionen sollen sich klare Regeln geben, dass und wie gegendert werde. Die Sprachwissenschaftlerin Seyda Kurt betont, dass Sprache schließlich in allen Bereichen normiert werde und nicht nur innerhalb des Genderns.“ |
Normatives Argument | beruft sich auf Normen, moralische Werte und Maßstäbe, die gesellschaftlich akzeptiert sind | Weitestgehend stichhaltig, aber nicht wissenschaftlich | „In der Regel wollen wir niemanden verletzen oder diskriminieren. Daher sollten wir auch in der Wahl unserer Sprache darauf achten, niemanden zu verletzen oder zu diskriminieren“ |
Analogisierendes Argument | zieht einen Vergleich zu einem anderen Bereich des Lebens/ Thema wird mit einem anderen Themenfeld verbunden und verglichen | Kann stichhaltig sein, wenn Analogie passend ist, nicht wissenschaftlich | „Für uns ist es mittlerweile normal geworden, dass Frauen Hosen tragen, während es vor einigen Generationen noch völlig unvorstellbar war. Und so wird es auch mit dem Gendern sein.“ |
Erfahrungs-argument | es wird sich auf persönliche Erfahrungen berufen | Wenig stichhaltig und nicht wissenschaftlich, da nicht verallgemeinerbar | „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Gendern meine Freundinnen und Freundin nicht stört“ |
Argumentum ad populum | etwas wird als wahr behauptet, weil es der Meinung der Mehrheit der relevanten Personen (öffentliche Meinung) entspricht | Scheinargument | „Alle Deutschen finden Gendern total hässlich, deshalb ist es auch unnötig“ |
Argumentum ad hominem | es wird keine inhaltliche Position vertreten, sondern das Gegenüber persönlich angegriffen oder einzelne Verhaltensweisen kritisiert | Scheinargument | Person A möchte vom Gendern überzeugen. Person B: „Du bist ja nicht mal in der Lage, dich ohne Grammatik- oder Rechtschreibfehler auszudrücken und willst mir jetzt sagen, wie ich sprechen soll?“ |
Strohmann-argument | dem Gegenüber wird eine Aussage unterstellt, die es so nie getroffen hat oder die Aussage des Gegenübers wird verzerrt oder lächerlich gemacht | Scheinargument | Person A möchte vom Gendern überzeugen. Person B: “So, du denkst also, dass wir unterschiedliche Löhne nicht angleichen brauchen, um Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen zu schaffen …” |
Textintention erfassen
Mögliche Fragen, um die Intention eines Textes zu ermitteln:
Will der*die Autor*in (hauptsächlich)
- über ein Problem / einen Sachverhalt / eine Entwicklung u. ä. informieren?
- bestimmte Probleme /Sachverhalte / Entwicklungen erklären?
- zu einem Problem / einem Sachverhalt / einer Entwicklung u. ä. Stellung beziehen?
- eine bestimmtes Verhalten / Tun / Denken u. ä. empfehlen?
Anschließend stellen wir uns die Frage, ob die Intention erreicht wurde.
Stellung nehmen
Es gibt folgende Arten, wie ihr zu einer These Stellung nehmen könnt:
1. Begründeter Widerspruch
- Gegenargumente und Gegenbeispiele anführen
- Schlüssigkeit der Argumentation prüfen
- Prämissen des*der Autors*Autorin offenlegen und so die vertretene Position kritisch einordnen
2. Teilweise Übereinstimmung
- Operationen aus 1 und 3 mischen
3. Begründete Zustimmung
- Position mit weiteren Argumenten und eigenen (Erfahrungs-)Beispielen stützen
- mögliche Gegenpositionen benennen und entkräften
Erörtern
Eine Erörterung kann wie folgt aufgebaut sein:
Argumentative Entfaltung einer Position: linearer Aufbau
Argumente für die eigene Position werden aneinander gereiht.
Dabei werden mögliche Gegenargumente entkräftet. Das stichhaltigste Argument folgt am Schluss, sodass sich eine Steigerung ergibt.
Pro- und Kontra-Aufbau in Blöcken (,,Sanduhr-Prinzip“)
Zuerst werden Argumente, Belege und Beispiele angeführt, die der eigenen Position widersprechen.
Es folgen Argumente, die die Gegenposition entkräften und die eigene Position bestärken.
Fortlaufender antithetischer Pro- und Kontra-Aufbau (Pingpong-Prinzip)
Argumente für und gegen die eigene Position werden im Wechsel angeführt, wobei die Gegenpositionen sofort entkräftet werden.